Es gibt nichts im Leben,
wovon man nicht lernen kann.

Die Gründung der Rudolf Steiner Schule Hamburg-Nienstedten ist das Werk vieler engagierter und idealistischer Menschen. Sie fand in einer Zeit statt, die geprägt war vom gesellschaftlichen Wandel der noch jungen Bundesrepublik. Das Ende des Krieges lag erst sieben Jahre zurück und das so genannte Wirtschaftswunder hatte noch nicht wirklich Fahrt aufgenommen.

Kräfte ganz anderer Art waren am Werk, als 1952 der Grundstein für die Schaffung unserer Schule gelegt wurde. Es war der Schulverein der Wandsbeker Rudolf Steiner Schule, der die Idee dazu hatte und in die Tat umsetzte. Das Haus, in dem zunächst unterrichtet wurde, war ein Jahr zuvor von eben diesem Schulverein gekauft worden: die Villa Ephraim an der Elbchaussee 366, die auch heute noch architektonisch zum Kern der Anlage zählt. Für die neue Verwendung als Schulgebäude musste sie zunächst gründlich verändert und umgebaut werden.

Den strengen Vorschriften der Zeit entsprechend kam 1958 ein schlichter Anbau hinzu. Dieser enthielt eine Aula und einen Trakt für den Physik- und Chemieunterricht. Die Wandsbeker Patenschaft bestand noch immer – mit praktischen Folgen für den Schulalltag: Während die jüngeren Klassen bereits in Nienstedten zur Schule gehen konnten, fand der Unterricht für die älteren Schüler damals noch in Wandsbek statt. Erst ab Beginn der 70er Jahre war auch die Oberstufe im Hamburger Westen so weit ausgebaut, dass fast alle Klassen in Nienstedten untergebracht waren. Lediglich die 12.-Klässler besuchten nach wie vor die Schule in Wandsbek, wo auch auf das Abitur vorbereitet wurde.

Im selben Jahr 1970 gründete sich in Nienstedten ein eigener Schulverein. Mit ihm emanzipierte sich die Nienstedtener Schule auch organisatorisch von der Wandsbeker Waldorfschule. Sehr bald danach entstand das heutige Schulhaus mit Klassenräumen, Fachräumen, Lehrerzimmern und Büros für die Verwaltung.  Nach großen Anstrengungen sowohl der Eltern als auch von Seiten des Lehrerkollegiums konnte es 1975 eingeweiht werden. Durch diesen Neubau wurde der Lehrplan durch neue  Fächer im handwerklich-künstlerischen Bereich erweitert. Endlich war die Rudolf Steiner Schule Hamburg-Nienstedten äußerlich und von der inneren Gestalt her vollständig für alle Klassen und Jahrgangsstufen eingerichtet, so dass auch die 12. Klasse und die anschließende Abiturvorbereitung in Nienstedten stattfinden konnte.

1984 bekam der schon lange in beengten Verhältnissen untergebrachte Kindergarten ein neues Gebäude, der Oberstufentrakt folgte kurz darauf, und schließlich wurden 1986, wiederum nach großem Einsatz von Eltern und Lehrern, der Festsaal und die Turnhalle festlich eingeweiht. Vielleicht erinnert sich mancher an die damaligen „Bau-Wochenenden“, bei denen ein entsprechend  besonders reges handwerkliches und soziales Miteinander in der Schule herrschte.

Wer sich der Rudolf Steiner Schule Hamburg-Nienstedten von der Elbchaussee aus nähert, dem präsentiert sich zunächst ihre traditionsreiche, gutbürgerlichen Fassade, die wenig mit anthroposophischer Formgebung zu tun hat und hinter der alles begann. Es ist eines der schönsten Häuser Hamburgs, die Patriziervilla der Familie Ephraim, die dort in den Jahren 1900 bis 1918 wohnte. James Ephraim war ein wohlhabender Kaufmann, der mit seinem Bruder Julius einen florierenden Lederwarenhandel in Hamburg betrieb. Seine Frau Jenny war eine geborene Klemperer, verwandt mit dem Dirigenten Otto Klemperer. Die Ephraims waren assimilierte Juden. Das mag die Tatsache veranschaulichen, dass die drei Söhne der Familie zu Weihnachten jeder seinen eigenen Christbaum ins Zimmer gestellt bekam.

James Ephraim verkaufte das Haus 1918, woran der Krieg sowie die Angst vor schlechten Zeiten nicht unerheblichen Anteil hatten. Auch ein damals bereits spürbarer Antisemitismus in Teilen der Bevölkerung hat die Ephraims zu dem Entschluss gebracht, sich von der Villa zu trennen. Den schrecklichen Höhepunkt dieser Bedrohung hat James Ephraim, der 1931 starb, nicht mehr erlebt. Jenny Ephraim aber musste gegen Ende der 30er Jahre Deutschland verlassen. Sie starb 1959 in Lima (Peru). Die drei Söhne der Ephraims sind ebenfalls rechtzeitig ausgewandert und haben glücklicherweise das finsterste Kapitel Deutscher Geschichte überlebt. Enkel der Ephraims haben Hamburg in den 70er Jahren von den USA aus besucht und ihren alten Familienbesitz an der Elbchaussee in Augenschein genommen.

Die detaillierte Geschichte in Zahlen und Fakten bis zum Jahr 2006 finden Sie hier:

Geschichte der Schule (PDF-Datei, 107 kb)