Eurythmie

Die Eurythmie entstand im Jahre 1912 als künstlerischer Zweig der von Rudolf Steiner gegründeten Anthroposophie. Der äußere Anlass war die Suche nach neuen sinnvollen Bewegungsmöglichkeiten der menschlichen Organisation.

Schon sieben Jahre später wurde die Eurythmie als obligatorisches Unterrichtsfach für alle Klassenstufen in der 1. Waldorfschule in Stuttgart eingeführt. Seitdem ist sie fester Bestandteil sowohl des Waldorfschulunterrichts als auch in der Kindergartenerziehung.

Die Klassen 1–4 bekommen wöchentlich eine Stunde, ab der 5. Klasse erhalten die Kinder 2 Stunden Eurythmieunterricht in der Woche.

Erst durch die menschenkundlichen Forschungen auf Grund der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners war das Entdecken der Bewegungsimpulse des Menschen  möglich. So werden die Kehlkopfbewegungen, auf die gesamte Organisation übertragen, zuletzt zu gestalteten Gebärden der Arme und des ganzen Menschen. Wie in der Sprache, so auch in der Musik gibt es für jeden Ton, jedes Intervall etc. entsprechende Armbewegungen.

Innerhalb der zwölf Schuljahre lernt das Kind, ein Musikstück mit all seinen Elementen wie Rhythmus, Takt, Melos, Ton, Intervall, Harmonie so durch seine eigene Gestalt zum sichtbar „klingenden“ Ausdruck zu bringen, wie es der Musiker mit seinem Instrument tut. Die Musik wird so zum sichtbaren Gesang.

Durch Musik und Sprache lernt das Kind, sich mit sich selbst und der Welt in Beziehung zu setzen.

Rudolf Steiner formuliert:
Sprache fragt immer ‚Wie steht der Mensch zu den Dingen der Welt? Verwundert er sich über sie? Will er sich ihnen gegenüber aufrecht erhalten? Umfasst er sie? Läuft er vor ihnen davon? Die Sprache ist immer ein Verhältnis des Menschen zur Welt. Musik ist ein Verhältnis des Menschen als seelisch-geistiger Mensch zu sich selbst.

Dieses Verhältnis des Menschen zur Welt, gelebt in Sinn und Bild der Laute eines Wortes, eines ganzen Satzes, getragen vom Sprachrhythmus, von grammatikalischen Strukturen, vom Lyrischen, Epischen, Dramatischen eines Gedichtes, versuchen wir, durch die eurythmische Darstellung zur Offenbarung zu bringen.

Diese Darstellung ist den Altersstufen entsprechend. Nebenher üben wir uns im Laufen und Klatschen von Rhythmen, im Beherrschen der Füße und Arme, im sozialen Miteinander anhand kleiner pädagogischer Übungen. Oft sind es nur einzelne Elemente der Sprache und der Musik, so, wie das Kind ja auch langsam und Schritt für Schritt in die Welt hineinwächst.

Die Eurythmie ist in erster Linie als Bühnenkunst entwickelt worden. Durch ihren menschenkundlichen, dem organischen Wachsen des kindlichen Wesens angepassten, Aufbau wird sie in allen Waldorfschulen als Fach unterrichtet, da durch die Eurythmie der ganze Mensch mit Leib, Seele und Geist erfasst und bewusst bewegt und gestaltet werden kann.

Auch ihre heilende Wirkung wird in Zusammenarbeit mit der anthroposophischen Medizin genutzt.